ZVS-Wanderung von Neundorf nach Rodt

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Geschrieben am 01.10.2011

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Von einer Wehrkirche, einer Einzelsiedlung und dem Bahnbau

Die Gründung des Hofes Neundorf hängt vermutlich mit der Gründung des Klosters Stavelot-Malmedy durch den Hl. Remaklus um 648 zusammen. Im Jahre 651 schenkte der Merowingerkönig Sigibert III. der neu gegründeten Abtei ein Gebiet, welches sich nach allen Seiten um „12 Stunden“ ausdehnte. Dieses Gebiet muss auch einen Teil des Hofes Thommen umfasst haben, zu dem dieses Gebiet hier damals gehörte. Um das Jahr 670 reduzierte König Childerich II. das Abteigebiet um die Hälfte. Hierbei ist vermutlich der Hof Neundorf (nova villa) entstanden, der durch diese Teilung vom (alten) Hof Thommen abgetrennt wurde und bei der Abtei Stavelot-Malmedy verblieb. Hinweise auf eine frühe Besiedlung finden wir im Umkreis des Dorfes: die Hügelgräber „auf der Lieg“, die aus keltischer Zeit stammen oder das Vorhandensein des „Heiligenborns“ – einer Quelle östlich der Kirche, die auf ein vorchristliches Quellheiligtum hindeutet und von den Malmedyer Mönchen später der Muttergottes geweiht wurde. Die erste urkundliche Erwähnung Neundorfs findet sich in der bekannten „Nona-Urkunde vom 13. Juni 888, in dem König Arnulf von Kärnten dem Aachener Marienstift bestätigt, dass verschiedene Ortschaften (darunter Neundorf, Amel, Büllingen, Manderfeld, Thommen und Weismes) den neunten Teil ihrer Einkünfte an das Aachener Marienstift abzuführen hätten.

Eine Kirche wird erstmals i.J. 1130-31 in Neundorf erwähnt. Neundorf war Pfarrort für St.Vith. Erst ab 1803 wurde St.Vith eigenständige Pfarre. Es gibt mehrere Hinweise auf einen Bau aus dem 11. Jh.; Chor und Sakristei wurden 1347 neu errichtet und das Langhaus wurde 1496 erneuert. Die Renovierungsarbeiten von 1660 gaben der Kirche ihre heutige Form. Das Südportal wurde 1764 durch die heutige Vorhalle ersetzt. Der Rechter Baumeister Andreas Starck führte diese Arbeiten aus. 1834 erhielt die Kirche einen neuen Helm, der 1926 durch den heutigen ersetzt wurde. Die dreischiffige Neundorfer Kirche präsentiert sich heute als einzige Kirche der Gegend in dieser für frühere Pfarrkirchen typischen Bauweise.

Der Viadukt der Kriegsbahn wurde im 1. Weltkrieg im Zuge der 2gleisigen Bahnlinie Gouvy-St.Vith erbaut. Mit der Linie Vielsalm-Born sollten die senkrecht zur Vennbahn in Ost-West-Richtung verlaufende Bahnlinien den Nachschub des deutschen Heeres an der französischen Front sicherstellen. Der Bau der 21 km langen Strecke von Gouvy nach St.Vith, der im Oktober 1915 begann, gestaltete sich aufgrund der schwierigen Geländeverhältnisse recht schwierig: Dämme und Schächte mussten angelegt werden und insgesamt 6 Talbrücken von etwa 20 m Höhe mussten gebaut werden (Beho, Braunlauf, Weisten, Neundorf, Mailust und Wiesenbach). Russische Kriegsgefangene wurden beim Bau dieser Eisenbahnlinie eingesetzt. Sie waren in einem Barackenlager in Crombach untergebracht. Nach dem Waffenstillstand von 1918 (Versailler Vertrag) wurde die Bahnlinie belgisches Eigentum. Zivilen Verkehr gab es erst seit dieser Zeit.

Obwohl die Ortschaft Rodt erst zu Beginn des 16. Jh. (1501) erstmals urkundlich erwähnt wird, dürften seine Ursprünge doch weit ins frühe Mittelalter hineinreichen. Die Bezeichnung „Roide“ in der Urkunde der Abtei Stavelot-Malmedy oder die wallonische Bezeichnung „Sart“ deutet, an, wie der Ort entstanden sein könnte: als Rodungssiedlung. Wie alle Orte unserer Gegend hat auch Rodt erheblich unter den Folgen des 30jährigen Krieges gelitten (1618-1648): Um 1620 zählte das Dorf noch 20 Feuerstätten, nach den Verwüstungen und Drangsalierungen (1656) war die Zahl um die Hälfte geschrumpft. Es dauerte immerhin 100 Jahre, um die Zahl von vor dem Krieg wieder zu erreichen. Heute leben hier rund 500 Einwohner in 185 Haushalten („Feuerstätten“), die in 16 Vereinigungen aktiv sind. Im Jahre 2003 gewann die Ortschaft den erstmals von der DG ausgerichteten Wettbewerb „Unser Dorf soll Zukunft haben“.

Eine Kapelle in Rodt wird erstmals im Jahre 1678 erwähnt. Diese Kapelle wurde 1836 durch einen Neubau ersetzt. Bis 1924 gehörte Rodt zur Pfarre Neundorf, wurde dann im Zuge der pfarrlichen Neugliederung durch General Baltia (mit dem Kapellenort Hinderhausen) zur eigenen Pfarre erhoben.

Birkeler, ein Einzelgehöft zwischen Rodt und Hinderhausen, ist vermutlich älter als Rodt, zu dem der Weiler heute gehört. Im Weistum des Hofes Neundorf wird die Einzelsiedlung 1451 erstmals urkundlich erwähnt.

Mit Überschreiten des Crombachs, des krummen Bachs der dem Dorf den Namen gab, betreten wir das Gebiet des ehemaligen Hofes Thommen. In alten Urkunden wird der Bach auch „Harnebach“ (915) oder „Crombach“ (1451) genannt. Die Ortschaft Crombach, die wir heute nur in ihrem nördlichen Teil passieren, gehörte diesseits des Baches zum Hof Thommen und jenseits zum Hof Neundorf. In den ersten Jahrhunderten wird dies nicht aufgefallen sein, denn die Crombacher Behausungen befanden sich alle diesseits des Dorfbachs. Erst um 1550 ist das erste Haus („Schmotz“) jenseits des Baches urkundlich belegt. Die Vorfahren dieses „Schmotz“ dürften auf einen Schmied zurückgehen, der als Überlebender der Pestepidemie gelten kann, die den Weiler Wöffgen/Wähffje/Wöffje zwischen Neundorf und Grüfflingen im 14. Jh. ausgerottet.

(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)

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