Dieser Beitrag wurde verfasst im Rahmen des Projektes:
Jugend erforscht Geschichte „Wenn Steine reden könnten…“ – Ein Wettbewerb des Geschichtsvereines „Zwischen Venn und Schneifel“ (2003-2004)
Vorgeschichte des Baus
Vor 300 Jahren gab es in Herresbach bereits eine Kirche, aber noch keine Schule. Es gab aber auch noch keine Schulpflicht.
1725 wurde eine Vikarie gebaut, in der ein so genannter Frühmessner oder Schulvikar wohnte. Dieser gab den Kindern hauptsächlich im Winter Unterricht im Lesen, Schreiben, Rechnen und Singen. Die Kinder folgten dem Unterricht aber nur unregelmäßig, weil sie zu Hause in der Landwirtschaft gebraucht wurden, besonders zum Viehhüten. Die Dorfbevölkerung musste selbst für die Bezahlung des Vikars aufkommen.
1825 führte der preußische Staat in unserem Gebiet die allgemeine Schulpflicht ein.
Um 1835 wurde eine neue Vikarie mit einem neuen Schulzimmer gebaut; es ist das heutige Pfarrhaus.
Doch bereits 1868 beklagte man sich, dass das Klassenzimmer für die vielen Kinder zu klein sei.
Die Erbauung
Die alte Schule wurde wahrscheinlich 1876-77 gebaut. Der Bauplan stammt von 1875. Als Bauunternehmen war die Firma Bungartz aus Mürringen am Werk.
Wahrscheinlich gab es Schwierigkeiten, denn nicht alles ist gemäß dem Plan ausgeführt worden.
Die Baukosten trug die Gemeinde; sie beliefen sich auf 11900 Mark.
Das Gebäude von außen
Die Außenmauern sind wie auch verschiedene alte Bauernhäuser in Herresbach mit graubraunen, rostroten Bruchsteinen aus der Steingrube „Am verbrannten Berg“ und einem Mörtel aus Sand und Kalk errichtet worden.
An der fünf Meter hohen Frontseite am Schulhof sind nur im Erdgeschoss vier hohe, mit rotem Sandstein umrandete Fenster. In der Mitte ist eine große Eingangstür. Zwei Luken unter den Fenstern rechts von der Tür zeigen an, wo der Keller ist.
Der Giebel an der Westseite ist mit einem Putz aus Sand und Kalk gegen den Regen geschützt. Hier sind im Erdgeschoss drei hohe Fenster. Im Dachgeschoss sieht man ein kleineres Fenster.
Der Giebel an der anderen Seite des Hauses besteht aus unverputzten und nicht ausgefugten Bruchsteinen; dort gibt es im Dachgeschoss zwei Fenster und darüber noch ein weiteres in Form eines Halbkreises.
An der Nordseite ist ein neuer Abstellraum angebaut worden, der mit Zementputz versehen ist und ein Fenster nach Osten hat.
Das Dach ist mit neuen Naturschiefern gedeckt.
Ursprüngliche Nutzung des Gebäudes
Links vom Eingang am Schulhof war der 9 mal 5 Meter große Klassenraum, der einzige Raum, in dem unterrichtet wurde. In der vorderen rechten Ecke des Schulzimmers führte eine zweite Tür direkt in den Privateingang der Lehrerwohnung. Dort befand sich ein Flur und noch ein kleiner Abstellraum für den Lehrer. Die Lehrerwohnung lag an der anderen Seite des Flurs und bestand aus vier Räumen: Küche, Wohnzimmer und zwei Schlafzimmer.
Im Kellergewölbe lagerte der Lehrer seine Vorräte und später die Kohle, mit der im Winter die Öfen im Schulzimmer und in der Lehrerwohnung gefüttert wurden. Das Dachgeschoss wurde zum Stapeln von Brennholz und zum Wäschetrocknen benutzt. An der Westseite lag der Garten des Lehrers.
1968 ging mit dem Umzug in das neue Schulgebäude die Nutzung der alten Schule nach fast hundert Jahren vorläufig zu Ende.
Veränderungen im Laufe der Zeit
1886, ein paar Jahre nach dem Schulbau, wird an der Nordseite ein kleiner Stall angebaut.
1947: Der Schulsaal wird mit einer Trennwand aus Unalitplatten geteilt, die 1947 wieder entfernt wird.
1948: Auf dem Speicher des Schulgebäudes wird ein Mansardenzimmer eingebaut.
1958: Das „Spritzenhaus“ am Giebel wird zu einer Jungentoilette umgebaut.
1960: Die Straße vor der Schule und der Schulhof werden erneuert.
1968 ziehen die Schüler in die neue Schule ein, der alte Schulsaal steht leer.
1970: Auch die Lehrerwohnung wird aufgegeben.
1974 wird die Lehrerwohnung zu einem Klassenzimmer für Kindergarten und 1. Schuljahr umgebaut. Aus der Lehrerküche wird ein Toilettenraum. Die Außentoiletten werden ganz entfernt.
1975 renoviert der 1972 neu gegründete Musikverein das alte Klassenzimmer: neuer Fußboden mit Fliesen, neuer Wandputz, neue Zimmerdecke, neue Vorhänge, Ölofen.
1990 wird die VoE „Alte Schule“ gegründet. Diese pachtet die alte Schule von der Gemeinde.
1992-93 werden das Dach sowie alle Fenster und Türen erneuert und eine Zentralheizung eingebaut. Flur und Treppenhaus werden renoviert.
1996-97: Vollständige Renovierung des Speichers. Umbau des alten Stalles zu einem großen Material- und Getränkeraum. Einrichtung eines Schankraumes am Vereinslokal.
2002: Vollständige Renovierung der Toilettenräume.
Das Gebäude von innen
Kommt man in den Flur, findet man geradeaus einen ganz neu eingerichteten Toilettenraum. Früher war das die Küche des Lehrers. Links vor der Toilette ist die Tür zum Keller; eine enge, steile Treppe führt hinunter zum zentralen Heizofen.
Von der Eingangstür steigen wir an der linken Seite des Flurs die Treppe zum ersten Stock hinauf. Dort oben ist ein großer, mit Turnmatten ausgelegter Raum. Hier gibt es rechts auch einen Materialraum und darüber einen Dachboden.
Kommt man wieder die Treppe herunter in den Flur und geht gleich rechts durch die Tür, gelangt man in den Proberaum von Musik- und Gesangverein. Hier sieht man, dass die Innenwände aus einem Fachwerk von Eichenbalken und Ziegelsteinen errichtet sind. Am Ende dieses Raumes rechts ist ein kleiner Schankraum zu finden. Dort befand sich einmal der Flur und der Abstellraum des Lehrers.
Geht man nach links durch die Tür, der früheren Haustür des Lehrers, ist man im Geräte- und Getränkeraum, der aus dem früheren Stall entstanden ist.
Rechts von der Haustür, gegenüber dem Probelokal, ist ein Versammlungsraum für alle Dorfvereine. Es ist die ehemalige Lehrerwohnung.
Benutzung der alten Schule heute
Seit 1972 benutzen die Herresbacher das Gebäude als Vereinslokal und Versammlungsort.
Der Musikverein und der Kirchenchor proben im ehemaligen Klassenzimmer einmal pro Woche. Kleinere Vereinsfeste finden ebenfalls im Gebäude und auf dem Hof statt. Der Pensioniertenbund benutzt die alte Schule einmal pro Monat für seine Seniorennachmittage und für Zusammenkünfte mit benachbarten Vereinen. Die Landfrauen von Herresbach organisieren hier monatlich Koch-, Bastel- und Vortragsabende. Aber auch allen anderen Vereinen des Dorfes sowie dem Pfarrgemeinderat und dem Kirchenfabrikrat stehen die Räume für Treffen und Versammlungen zur Verfügung. Der Kindergarten und das 1.-2. Schuljahr der Gemeindeschule nutzen den oberen Raum einmal in der Woche für Psychomotorik-Übungen.
Das Gebäude wird von der „VoE Alte Schule“ verwaltet. Diese sorgt für notwendige Renovierungen, Reparaturen und Raumpflege. Die Kosten für Strom, Heizung, Raumpflege und Reparaturen werden auf die Vereine verteilt. Im Verwaltungsrat der VoE sitzen neben dem Vorsitzenden, dem Schriftführer und dem Kassierer je ein Vertreter der Vereine, die das Gebäude benutzen.
Für das Vereinsleben in Herresbach ist die alte Schule unentbehrlich.
—————————————————————————————————————
Beitrag der Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Grundschulklasse der Gemeindeschule Herresbach (2003-2004)
Veröffentlicht in Monatszeitschrift “Zwischen Venn und Schneifel” Juni 2004, Seite 109