Von Burgleuten, Schlossherren und schmucken Gotteshäusern
Das Geschlecht der Herren von Reuland erscheint erstmals urkundlich i.J. 1128 mit Johann, der Abt von Stavelot-Malmedy war. Dieses Rittergeschlecht starb 1313 mit Arnold von Reuland aus. Das Gebiet der Herrschaft Reuland ist wohl im 9. oder 10. Jh. vom karolingischen Königshof Thommen abgekoppelt worden. Im 13. Jh. finden wir die Reuländer als Mitherr des Hofes Thommen, denn schon i.J. 1213 erhielt der Edele Kuno von Reuland von Abt Alardus von Malmedy das Patronatsrecht für die Pfarrkirche in Thommen. Der dortige Pfarrer musste den Dienst auch in Reuland versehen. Reuland gehörte pfarrechtlich bis zum Jahre 1803 zu Weweler, die Pfarrer wohnten nachweislich ab 1668 schon in Reuland. Im Jahre 1771 wurde die alte baufällige Muttergotteskapelle in Reuland abgerissen. An ihrer Stelle wurde die jetzige größere Kirche nach Plänen des Rechter Baumeisters Starck errichtet. Die Kirche erfuhr eine weitere Vergrößerung i.J. 1912 durch das Hinzufügen des nördlichen Seitenschiffes, des Querschiffes, des Chores und einer weiteren Sakristei. Das Pfarrhaus geht auf das Jahr 1668 zurück. Pfarrer Math. Breitfeld kaufte dieses Haus, das Sitz des Schultheissen und des Gerichts war. 1713 zog hier erstmals ein Pfarrer ein und 1909 wurde das Haus vergrößert. Das ehem. Burghaus, gegenüber der Kirche, ist ein zweigeschossiger Bau von 7 Achsen und abgewalmten Mansardendach. Im geschweiften Oberlicht der Tür findet sich das Wappen der Erbauer von Orley mit der Jahreszahl 1747.
Archäologische Grabungen belegen, dass der Burgplatz wohl schon im 10. Jahrhundert besiedelt war. Im 11. und 12. Jahrhundert wird dieser Lebensraum mit Umfassungsmauern befestigt worden sein. Ab 1264 ist die Burg als luxemburgisches Lehen bekannt. Bis zum 14. Jahrhundert wird die Anlage, die sich mittlerweile auf einer Fläche von 65 x 55 m ausgedehnt hat, ständig ausgebaut und verbessert. Im Jahre 1313 gelangt die Burg an das Haus Luxemburg. Zum Ende des 14. Jahrhunderts gelangt die Burg in den Lehensbesitz des Herrn Edmund von Engelsdorf. Dieser erhält die luxemburgische Erbkämmererwürde, die die Herren von Reuland bis zur Auflösung des Ancien Régime (1795) innehaben. In dieser Zeit erfährt die Burg wieder einen beträchtlichen Ausbau. Zur Mitte des 14. Jahrhunderts (1444) vererbt Dietrich von Engelsdorf seinem Schwager Werner von Pallant die Anlage mit den dazugehörenden Rechten. Im 16. Jahrhundert, einer Zeit vieler Unruhen, entstehen die Bastione und die Wehrterrassen der Burg, die die Wohngebäude schützen sollen, die im südlichen Teil der Anlage erweitert werden. Als letzte Vertreterin ihres Geschlechts stirbt Ottilia von Pallant im Jahre 1666. Ihr Sohn Ferdinand von Berghes übernimmt die Burg. Er stirbt 1736 ohne Nachkommen und ein Verwalter, Jean George Wolf, übernimmt das Anwesen. Beim Einmarsch der französischen Revolutionstruppen flieht er und die einst stolze Burg verkommt zum Steinbruch. Bis zum Jahre 1900 geht die Zerstörung langsam weiter. In dem Jahr stellt die preußische Verwaltung die Burgruine unter Denkmalschutz. 1923 erwirbt der belgische Staat das Burggelände.
Die im Ort nach Alster aufsteigende Straße mit der rechterseits angereihten Häuserzeile heißt Wenzelbach. Der Name wird abgeleitet von dem kleinen Sturzbach, der nördlich an der Burgruine entlang, zwischen Pfarrhaus und ehem. Knabenschule verläuft und durch eine gangartige Unterführung in den 1850 angelegten Teich der ehemaligen Houscheider Mühle mündet. Hier hatte auch „Haartert“ (Gerhard Messerich, 1836-1906), wohl das bekannteste Original im St.Vither Lande, gelebt.
Im Jahre 1863 wurde berichtet dass sich auf der sog. Mertesheide, welche der Kirche zu Reuland gehört, sechs Erdhügel erheben, welche 1862 durch Zufall aufgedeckt. wurden. Die Hügel auf Mertesheide wurden im April 1863 auf Initiative der Königlichen Regierung zu Aachen aufgedeckt. Die hier gemachten Funde können als sehr beachtlich eingestuft werden: In einem Hügel fand man einen sehr sorgsam angefertigten Doppelbecher aus heller Bronze und mit einfachen Verzierungen versehen war. Auch fand sich ein Steinsarg aus rotem Sandstein und ein grünliches Glasgefäß. In einem weiteren Grab fand sich ein Schädel mit Wirbelknochen; an dem Schädel klebten noch Haarteile. Dieser Fund steht in Zusammenhang mit dem Reuländer Galgen, der hier gestanden hatte und die sterblichen Überreste waren die eines Gehänkten.
An der Stelle der heutigen, 1907 zu Ehren des Hl. Donatus errichteten Kapelle in Alster stand vormals ein Heiligenhäuschen, das dem Hl. Quirinus geweiht war.
Der Ort Bracht erscheint zuerst im Namen eines Hugo de Brait in einer Urkunde d.J. 1330. Im Jahre 1695 ließ Pfarrer Mathias Breitfeld von Reuland auf eigene Kosten hier eine Kapelle bauen, die 1704 eingeweiht wurde. Im Jahr 1865 wurde sie durch einen Neubau ersetzt. Über dem Portal an der Südseite befindet sich eine in Schieferstein gehauene Muttergottestatue, die aus der ursprünglichen Kapelle übernommen wurde. Die Kapelle trägt das Patrozinium der Schmerzhaften Muttergottes. Das Schloss wurde zwischen 1782 und 1783 von Georg Friederich August von Ferrand von Montigny erbaut. Die Familie von Montigny, von der heute noch zahlreiche Nachkommen in der Gegend wohnen, stammt aus der Picardie. Der Großvater des Georg Friederich, Jakob Karl von Ferrand de Montigny, ein hannoverscher Generalmajor, hatte die Herrschaft Thommen 1701 erworben. Das Schloss besteht aus einem Herrenhaus und aus Wirtschaftsgebäuden.
(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)