Von einem Ziergarten, einer Hinrichtungsstätte
und einem schädellosen Heiligen
In der Franzosenzeit war die damalige Regierung bemüht, die Verkehrsverbindungen zwischen den größeren Orten zu modernisieren und auszubauen. In diesem Zusammenhang wurde 1812-13 auch die heutige Straße von Malmedy über Baugnez und Ligneuville nach St.Vith gebaut. Die neue Straße schnitt den alten „pré l‘ doyen“ (die Felder des Priors) in zwei Teile. Diese Felder erstreckten sich ursprünglich zwischen der Warchenne und dem Weg nach Floriheid. Auf dem Malmedyer Urhandriss wird diese Straße als „Straße von Malmedy nach Bütgenbach“ bezeichnet. Von 1915 bis 1923 hieß sie Prinz-Joachim-Straße, als Reverenz an einen Sohn des deutschen Kaisers Wilhelm II. und 1923 erhielt sie ihren heutigen Namen Avenue Mon Bijou. Ein kurzes Namenszwischenspiel gab’s noch von 1940 bis 1945, als sie aus treffendem Grund in „Straße des 10. Mai“ umbenannt wurde. Im Volkmund heißt sie heute noch „tchâssie d’â bijou“ oder „tchâssie do l’Bèlvue“. Den Namen „Mon Bijou“ hat Jean-Hubert Cavens (Malmedyer Industrieller und Wohltäter der Stadt, 1762-1833) dem von ihm angelegten Ziergarten mit Teichen und Pavillons gegeben, den er in den Jahren 1816 und 1817 zwischen dem alten Weg nach Amel und der Warchenne anlegen ließ. Der Park stand den Malmedyern jeden Sonntag offen. Cavens ließ zur gleichen Zeit unweit des Parks eine Tuchwalkerei und eine Getreidemühle bauen (befanden sich unweit des GB, etwa 50-100 m jenseits der Warchenne-Brücke in Richtung Geromont), die durch das Wasser einer Abzweigung der Warchenne angetrieben wurde. Nach 1860 verfielen die Gärten immer mehr. Dreißig Jahre später kaufte Jules Steinbach die Anlagen und stellte sie wieder in ihrem alten Glanz her. 1925 ging das Gelände in den Besitz der Familie Doutrelepont über, die die Gärten sonntags der Bevölkerung zugänglich machte. Während der deutschen Besatzung ließ das Landratsamt zwei Villas für ihre Bediensteten errichten und nach dem Krieg wurde der Park von Monbijou durch weitere Bauten zerteilt.
An der Stelle, wo seit 1971 das Großkaufhaus steht, befand sich seit 1878 eine Lohmühle und eine Ölmühle, die der Flur den Namen gab: „â molin d’ôle“. Die Namen der beiden Straßen links und rechts des GB halten die Erinnerung an diese Gebäude wach (links: Vinave du Vieux Moulin, rechts: rue due Moulin à Huile).
Über die Bedeutung des Ortsnamens Chôdes sind sich die Gelehrten noch nicht einig. Während die einen die lateinische Bezeichnung cal(i)das, das dem Ortsnamen zugrunde liegt, als warme Quelle deuten, meinen andere, der Name weise auf die klimatisch günstige Lage an einem warmen Hang hin. Die Kapelle zum hl. Quirinus wurde 1816 erbaut.. Um das Leben des Quirinus von Malmedy, Priester und Märtyrer, gest. im 4. Jh. unter Domitian (Namensfest am 11.Okt.) ranken sich manche Legenden. So soll er mit Nicasius, dem legendarisch ersten Bischof von Rouen, als Missionar aus Rom nach Gallien gekommen sein. Hier habe er ein Dorf von einem Drachen (symb. für Teufel) befreit, der einen Brunnen belagert habe. Er soll unter Kaiser Domitian in Gasny (Dep. de l’Eure) enthauptet worden sein. Auf Fürsprache Kaiser Karls des Kahlen wurden die Gebeine des Hl. Quirinus (um 875 – 877) von Gasny in das Kloster Malmedy überführt. Dort erhob sie Abt Poppo im Jahre 1042. Die Verehrung des Quirinus ist besonders im Ardennen-Maas-Gebiet zwischen Malmedy und Huy wie in der Normandie verbreitet. In der Kunst wird er dargestellt im Messornat mit abgeschlagener Schädeldecke, die er auf einem Buch trägt, auch mit einem Drachen an der Kette. Der Kult des Hl. Quirinus ist heute noch auf Orte im Umkreis der Abteistadt Malmedy beschränkt, nämlich auf Chôdes, Ondenval und Mirfeld.
„Der Galgenbaum von Floriheid ist gerettet“, so stand es 1948 im Jahrbuch des Malmedyer Geschichtsvereins zu lesen: Man hatte den unteren Teil des Baumes mit einer Mauer umgeben und in Beton eingefasst. Zudem hatte man eine Schiefertafel angebracht, auf der in Übersetzung zu lesen war: „Galgenbaum des Hochgerichts von Malmedy.
… man halte respektvoll inne vor den vertrockneten Überresten des Baumes von Floriheid, der Zeuge der Hinrichtung dreier Mörder, der drei Renard-Brüder, wurde, die am 7. August 1780 hier gehängt wurden – als Strafe für den Mord am Hw. Pfarrer Deleau von Xhingesse. Pfarrer Bastin, Heimatforscher, 1870-1939.“ Der Mord an Pfarrer Deleau hat die Menschen weit über seinen Pfarrort Xhingnesse/Hamoir hinaus bewegt und über Jahrzehnte hinweg wurde die Geschichte immer wieder erzählt, so dass leider auch der eine oder andere Aspekt hinzugedichtet wurde. Als Teilnehmer an der Wanderung werden Sie die auf die amtlichen Gerichtsprotokolle gestützte Version erfahren. Die Hinrichtungsstätte befand sich seit 1586 auf Floriheid. Die Einwohner von G’doumont waren für den Unterhalt des dreibeinigen Galgens verantwortlich. Auf einer Gravur aus dem Jahre 1738 ist der Galgen in Floriheid abgebildet: er war von Bäumen umstanden und er lag an der Voie de St-Vith, am alten Weg nach St.Vith. Dieser alte Weg führte von Malmedy kommend sehr steil bergauf und musste auf einem Kilometer einen Höhenunterschied von 125 m überwinden (360 m – 465 m).
(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)