Auf den Spuren der Wehrmeister
Zwischen Tiefenbach und Holzwarche liegt Mürringen auf einer Anhöhe (600-655m). Die Siedlung wird als Ort bereits im 13. Jh. in der verschriebenen Form Uurenige erwähnt. Dabei deutet ein Steinfund darauf hin, dass Menschen sich bereits vor rund 6.000 Jahren in diesem Landstrich aufgehalten haben.
Die Vergangenheit des Dorfes kann nicht getrennt von Büllingen und den übrigen Nachbardörfern gesehen werden. Gemeinsam mit den Nachbarn gehörte es zum „luxemburger Frohnhof“ Büllingen. Der wiederum unterstand drei verschiedenen Herren: dem Prinzen von Oranien als Herrn von St.Vith, dem Erzbischof und Kürfürsten von Trier als Herrn zu Schönberg und seit 1476 den Grafen von Manderscheid als Herren zu Jünkerath und Schleiden. Dabei gehörte Mürringen bereits ab dem 14. Jahrhundert zu Schleiden. Im Jahre 1301 hatte Graf Friedrich III. von Schleiden den Ort mitsamt Wald von dem Herrn Arnold von Reuland erworben. Wer waren die Schleidener Herren? Belegt seit Anfang des 13. Jahrhunderts, waren sie „nahe Verwandte der Herren von Blankenheim. 1445 ist die Familie erloschen. Eine Nebenlinie der Herrschaft Schleiden saß (seit etwa 1320) in Jünkerath; sie erlosch nach 1434. Die Witwe des letzten Herrn von Jünkerath verkaufte ihre Rechte um 1452 an Dietrich Herr von Manderscheid, der durch seine Ehefrau Elisabeth von Schleiden bereits Erbrechte an der Herrschaft Jünkerath besaß. Spätere Erbteilungen rufen Ende des 16. Jh. die Grafen von der Marck auf den Plan, zuletzt die Herzöge von Arenberg.
Seit dem 14. Jahrhundert galt Mürringen als freies Allodium der Besitzer der Grafschaft Schleiden. Als offenbar wichtigster Ort der Waldregion pochte man gegenüber Schleiden auf gewisse Freiheiten, nur so ist es zu verstehen, dass in den Quellen wiederholt von der Freiherrschaft oder auch Herrschaft Mürringen gesprochen wird. Grund gab es genug. Durch den Wechsel des Dreiherrenwaldes mit Mürringen als Kernort erfuhr die Herrschaft Schleiden eine bedeutende Erweiterung. Für die neuen Herren war es eine Herausforderung, eine Ordnung in diesem angegliederten Gebiet sicherzustellen. Es ist möglich, dass dieser Fakt dazu führte, Mürringen als Herrschaft mit delegierter Rechtsprechung einzurichten. Die Tatsache, dass die Schleiden-Jünkerather Herren dem Ort Mürringen nicht nur das Hochgericht verliehen und die Verwaltung durch Schultheißen und Schöffen einräumten, sondern ebenfalls einen von ihnen eingesetzten Wehrmeister mit der Leitung des Waldgedings beauftragten, mag Indiz dieser relativen Unabhängigkeit sein. Als Untertanen oder „Schafftleute“ der Herren von Schleiden waren jedoch nicht allein die Mürringer diesen abgabe- und dienstpflichtig. Aus dem im Jahre 1775 erneuerten Schatzbuch des „ambts undt der freyherrschaft“ Mürringen geht hervor, dass zu den „benänntliche sämbtliche unterdthanen undt geblinge“ auch welche in den Nachbardörfern wohnten. Ihr Schatzgeld beruhte auf den Ländereien, die sie auf freiherrschaftlichem Terrain benutzten; aus dem Schatzhafereinkommen zogen der Schultheiß, die Schöffen und der „bott“ (Gerichtsbote) ihr Gehalt. Im Gegenzug hatten die Grundherren auf ihrem Territorium und damit für einen ganz bestimmten Landstrich und dessen Bewohner für Recht und Ordnung zu sorgen. Die im Dreiherrenwald gültigen Gewohnheiten oder Abmachungen gehen wahrscheinlich auf die Anfänge der Schleiden-Jünkerather Herrschaft zurück. Denn immerhin verstanden sich zumindest die Arenberger zum Ende des 18. Jahrhunderts noch als „Seigneur de Mürrange“.
Die Schleiden-Jünkerather Herren besaßen das Einsetzungsrecht der vier Förster und des Wehrmeisters. Diese Instanz, ergänzt durch Schultheißen und Schöffen auch der übrigen Herren, hütete das Areal nach den Vorgaben eines Waldweistums. Die sich innerhalb der Freiherrschaftsgrenzen befindliche landwirtschaftliche Fläche wurde von den Bewohnern der Nachbargemeinden mit genutzt, obschon sich diese Orte selber nicht in diesem Bann befanden.
Dass es noch vor der Franzosenzeit zur Teilung des Waldes kam, lag am Zeitgeist. Die Teilhaber und Besitzer hatten sich oft genug in punkto Nutznießung in den Haaren gelegen. Erst nachdem der Gesamtwald im Jahre 1788 unter den sieben Ortschaften und den drei Lehnsherren aufgeteilt worden war, gab es mehr Ruhe, wenngleich die Mürringer sich aufgrund ihrer vermeintlich urtümlichsten Rechte an diesem Busch nur ungern einschränken ließen. Aus dem späten 18. Jh. stammen denn auch die umfangreichsten Bestandsaufnahmen der Bevölkerung: die Österreicher erfassten das Eigentum im Jahre 1766 im sog. Theresianischen Kataster, die Schleidener stellten im Jahre 1778 eine Schatzliste auf, indem sie ebenfalls eines jeden Mürringers Besitz und Lasten erfassten. Beide Verzeichnisse bergen eine Fülle an Haus- und Familiennamen, die im Großen und Ganzen bis zum heutigen Tage in Gebrauch sind. (Alfred RAUW)
(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)