Von Zwergen, Hexen und alten Verkehrswegen
Ondenval (Niedersteinbach), Remonval und Steinbach, die Dörfer an der Sprachengrenze, heute zu Gemeinde Weismes gehörend, befanden sich an der Westgrenze des alten Abteigebietes von Stavelot-Malmedy. Ondenval, die Siedlung dies- und jeseits des „Stagnebachus“ (Steinbach), des schon im Jahre 670 als Grenzbach der Abtei Stavelot-Malmedy genannten Bachlaufs, soll seinen Namen von dem germansichen Siedlungsgründer Odenge / Aldo herleiten. einige Sprachforscher wollen auch den Namen des Gottes Odin im Ortsnamen erkennen. Östlich des Steinbachs (im Abteigebiet) hieß die Ortschaft Niedersteinbach, während Ondenval die Bezeichnung des westlichen Teils der Siedlung war. Nach dem Wegfall der mittelalterlichen Grenzen ist der heutige Name geblieben. Der Ort hat sich auch an einer wichtigen Kreuzung entwickelt, denn die alte Fernstraße aus dem Lütticher Raum ins Rheinland und ins Moseltal (Voie des Allemands) kreuzte hier die bekannte „Via Mansuerisca“, die Aachen mit Luxemburg verband. Dieser abgelegene Grenzort bot armen Leuten, zwielichtigen Gestalten und umherziehenden Abenteurern Zuflucht, die sich hier mit Schmuggel, Wilderei und Fischeri durchschlugen. So waren die „pêcheurs d‘ Ondenval“ für das Fangen der Flusskrebse bekannt. Aber auch die Verabeitung der Wacholderbeeren zu Hochprozentigem (peûs de pèket) oder die Fertigung von Korbwaren oder Besen verschafften den Bewohnern ein karges Einkommen. Als das Herzogtum Luxemburg im 17. Jh. durch französische Truppen besetzt war, wurden im Jahre 1668 mehrere Häuser des Ortes aus Rache für den Tod eines Soldaten angezündet. Im Jahre 1751 erhielten die Einwohner aufgrund des starken Verkehrsaufkommens die Erlaubnis zum Bau einer Kapelle, die dem hl. Donatus geweiht ist. Révérend Renard ist als erster Priester überliefert. Die heutige Kirche wurde zwischen 1922 und 1925 erbaut. Der gemeinsam mit Thirimont genutzte und auf halbem Wege zwischen beiden Dörfern gelegene Friedhof stammt aus dem Jahr 1881. Mit dem Dorf sind auch einige Legenden und Erzählungen verbunden, so die Sage der „Sotais du Waud“ (Zwergen des Wolfsbuschs), die die sog. Zwergensteine (Mühlsteine) gefertigt haben sollen, von denen einer am Fuß des Kriegerdenkmals zu sehen ist. Aber auch Erzählungen aus der Zeit der Hexenverfolgungen sind noch im Ort bekannt, wie z.B. die Geschichte der Jehenne Samray von Remonval oder die der Marie Samray aus Ondenval. Im Rurbusch hätten beide Hexentänze aufgeführt und Bewohner des Dorfes und Tiere verhext, so die Anklage. Der Prozessverlauf des Jahres 1680 ist überliefert und ist ein Dokument einer grausamen Prozedur. Bekannt ist auch die tragische Geschichte der Odilia, dessen verschmähter Liebhaber Jean-Gilles sie aus Rache der Hexerei bezichtigte. Heute erinnert der „Thier des Macrâles“ (Hexenberg) noch an diese unselige Zeit.
Remonval, im ehemaligen Abteigebiet gelegen, erscheint im 15. Jh. erstmals in einer Urkunde. Der Überlieferung zu Folge ist ein gewisser Raymond als Ortsgründer anzusehen. Laut eines Verzeichnisses des Thiris von Basenheim bestand der Ort im 15. Jh. aus armseligen Behausungen. Im 16. Jh. wird Remonval als Besitzung des Schlosses Reinhardstein genannt. Eine dieser Besitzungen, das sog. „château de Remonval“ soll einem raub- und rachsüchtigen Ritter namens Noir Cola gehört haben. Dieser soll die Weismeser Befestigungsanlage (Tchestè de Waimes) niedergebrannt haben. Im Schloss von Remonval soll Noir Cola zudem einen Schatz vergraben haben, der nur des Mitternachts bei völliger Stille gehoben werden könne. Zu Beginn des 19. Jh. haben offenbar zwei Jugendliche ihr Glück versucht, doch ein schalkhafter Nachbar ließ seinen Kettenhund frei und das Rasseln der Ketten hat den beiden Schatzgräbern wohl einen gehörigen Schrecken eingejagt, die sich durch das Gespenst des Noir Cola verfolgt sahen.
Steinbach leitet seinen Namen vom schon erwähnten Grenzbach „Stagenbachus“ ab, der um 670 erwähnt wird. Das Dorf selbst dürfte indes jüngeren Datums sein, denn es erscheint erst 1435 erstmals in einer Urkunde. Der Weiler liegt oberhalb des „Thier des Macrâles“ (Hexenberg). Hier fand man die Weidenäste, die zu Stricken zusammengebunden wurden, mit denen man die Übeltäter zum Hochgericht nach Floriheid (Malmedyer Galgen) führte.
Seit 1887 (Eröffnung des Vennbahn-Teilstücks Weismes – St.Vith) verkehrte in diesem abgelegenen Tal die Eisenbahn. Die Vennbahn belebte die Wirtschaft und verbesserte die Lebensbedingungen der Landbevölkerung. In heutigen Ondenvaler Straßennamen würdigt man diese Entwicklung, die zu Beginn des 20. Jahrhundert nach dem zweigleisigen Ausbau der Strecke zwischen Aachen und Lommersweiler auf ihrem Höhepunkt angelangt war. Heute scheint die Strecke wieder Konjunktur zu haben, denn Wanderer und Fahrradtouristen beleben die naturnahe Trasse an allen Wochenenden.
(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)