Von Kaffeeschmugglern, „Karls Bettstatt“ und der Torfbildung
Das Venndorf und der Grenzort Mützenich an der Landstraße Eupen – Monschau entwickelte sich aus dem keltisch-römischen Gutshof Mutiniacum. Die urkundliche Ersterwähnung stammt aus dem Jahre 1361. Im Jahre 1783 wurde indes östlich von Alt-Hattlich und Ternell beim Torfstechen ein Relikt aus der Römerzeit entdeckt: ein sehr gut erhaltener römischer Helm mit Verzierungen – das heutige Wahrzeichen des Ortes. Zusätzlich wurde damals eine Baumstraße (vermutlich eine römische Militärstraße) etwa 2 Meter unter der Oberfläche entdeckt. Der Helm wurde bis zum Jahre 1810 bei der Familie des Finders in Monschau aufbewahrt, wurde aber dann leider in eine Brüsseler Sammlung gegeben.
Erst im 19. Jahrhundert wurden das Schulgebäude (1830), die Kirche (Einweihung: 1850) und das Pfarrhaus (1854) errichtet. Durch die Grenzziehung des Versailler Vertrages wurde Mützenich durch die nunmehr belgisch gewordene Vennbahn von Monschau abgetrennt und lag seitdem als Enklave in Belgien. Der Mützenicher Gemeindewald war belgisch geworden und für die Nutzung mussten die Einwohner laut Grenzabkommen Grundsteuer an den belgischen Staat zahlen. Vor dem 2. Weltkrieg war der Mützenicher Wald Haupteinnahmequelle des Ortes: Nutzholz und Jagdpacht erbrachten einen Jahreserlös von rund 30.000 Reichsmark. Im August 1944 wurde deutsches Eigentum in Belgien sequestriert, so auch der Gemeindewald. Belgien erlaubte zwar das Fällen und die Ausfuhr von Holz, Deutschland verbot aber die Einfuhr, so dass den Mützenichern nichts anders übrig bleib, als ihr eigenes Holz zu stehlen. Nach dem 2. Weltkrieg wollten die Mützenicher dem Königreich einverleibt werden, doch die belgische Außenpolitik (P.H. Spaak) verzichtete. Dies führte zur „Revolte von Mützenich“, das wegen seiner Waldabhängigkeit, wegen der verwandtschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen vor allem nach Eupen den Staat wechseln wollte. Im Juni 1949 wurde der Gemeinderat sogar wegen Landesverrats amtsenthoben, nachdem im Mai das deutsche Grundgesetz in Kraft getreten war. Die Beschränkung der Waldnutzung ließ die findigen Mützenicher eine andere Einnahmequelle entdecken, die in den 1950er Jahren für Schlagzeilen und allgemeine Erheiterung sorgen sollte: die Rede ist vom Kaffeeschmuggel, bei dem fast das ganze Dorf verwickelt war. Fünf große Schmuggelkolonnen waren organisiert und brachten mehrmals pro Woche im Laufe der Jahre über 1700 Zentner Kaffee von Eupen nach Deutschland. Die Schmuggler hatten Helfer beim Zoll, die für ihre „Dienste“ fürstlich bezahlt wurden. Als ein solcher „Vertrauensmann“ durch seine Großspurigkeit auffiel, flog alles auf. 53 Personen wanderten in U-Haft, davon 45 aus Mützenich. Im Januar 1953 begann in Aachen der Prozess und einen Monat später wurden die Urteile bekannt gegeben, die relativ milde ausfielen. Im August 1953 wurde die Kaffeesteuer gesenkt und der Schmuggel lohnte sich nicht mehr.
Auf unserem Weg ins Brackvenn besteigen wir den Steling, die höchste Erhebung des östlichen Venns (660 m u.M.) und des Monschauer Landes. Im Mittelalter lag diese Erhebung an der wichtigen Nord-Süd-Verbindung durch die Westardennen, dem Öslinger Weg, einem wichtigen Pilgerweg von Aachen über Reinarzthof, Kalterherberg, Andler Mühle usw. nach Trier.
In der Nähe des Grenzsteins 722 befinden sich große kambrische Quarzitblöcke. Bereits 1205 werden diese Steine als Grenzsteine der Klosters Reichenstein erwähnt. Der Volksmund nennt diese Steine „Kaiser Karls Bettstatt“ und bringt damit zum Ausdruck, dass Karl der Große auf seinen Jagdausflügen durch die Ardennen hier genächtigt habe. Der Name ist seit dem 13. Jahrhundert verbürgt. Im Frühjahr 1990 fegte ein Orkan den Fichtenwald weg, der bis dahin die Blöcke umgab.
Seit einiger Zeit ist man im Brackvenn (vom german. brack: minderwertiges Gelände, Brachland) bemüht, das ursprüngliche Torfmoor wiederherzustellen. Durch die Fichtenmonokulturen und die Drainagen wurde das Venn stetig mehr entwässert, was dem Torfmoos die Grundlage nahm und das Pfeifengras förderte, was sich mehr und mehr ausbreitete und dem Venn heute die typisch braun-gelbe Farbe verleiht. Mehrere Maßnahmen sollen die Torfbildung wieder fördern: die Bewässerung von ca. 15.000 ha soll das inzwischen im Vergleich zu früheren Jahrhunderten fast ausgetrocknete Venn wieder in den ursprünglichen Zustand versetzen; die Entplaggung besteht in der Abschälung der obersten Vegetationsschicht, damit hier die untere Keimschicht der ursprünglichen Vennpflanzenwelt wieder zum Zuge kommt.. Das Brackvenn bildet beiderseits der Landstraße Eupen – Monschau einen nördlichen und einen südlichen Teil. Der nördliche Teil ist stark verwachsen und verstrüppt und von kleinen Moorwäldchen durchsetzt. Hier befindet sich nahe dem ehem. Zollamt der Flughügel von 1909 des Aachener Segelfliegers E. Offermann. Im offenen südlichen Brackvenn befinden sich zahlreiche Pingos, (eiszeitliche Ringwallweiher, wie z.B. der „Entenpfuhl“) sowie alte Torfstiche.
(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)