ZVS-Wanderung von Botrange zur Hille, nach Baraque Michel und zum Poleûr-Venn

Abgelegt in Allgemein, Geschichtliche Themen

Geschrieben am 24.09.2011

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Urwüchsige Landschaft und geschichtsträchtiger Boden

Die Botrange ist die höchste Erhebung des hohen Venns in Belgien und mit 694 Metern auch die höchste Erhebung des Landes. Der aufgeschüttete 7 Meter hoher Baltia-Hügel sollte Belgiens höchsten Punkt auf 700 Meter bringen. Ein erster Turm wurde hier 1804 erbaut; 1889 errichtete das deutsche Ingenieur- und Pionierkorps einen zweiten, 30 Meter hohen Turm. Der heutige 24 m hohe Steinturm stammt von 1934.
Mit etwa 4.100 Hektar Gesamtfläche liegen im Hohen Venn die größten Naturschutzgebiete Belgiens. Seit 1992 sind dort Moore und Heiden sehr streng geschützt. In zahlreichen Beschreibungen werden die beeindruckenden, weiten, unbesiedelten Flächen der Hochebene als „unberührte Natur“, als „wild“, „natürlich“ oder „intakt“ bezeichnet. Der Schein trügt. Auch das Hohe Venn ist eine Kulturlandschaft mit vom Menschen verursachten Störungen und Veränderungen. Nach dem Ende der letzten Eiszeit, vor etwa 7500 Jahren, begann die Entstehung der Hochmoore. Durch ständiges Wachstum und Teilverrottung der Pflanzen, insbesondere der Torfmoose, bildeten sich mächtige Torfschichten auf ausgedehnten Flächen.
Von den ursprünglichen Moorgebieten, die sich einmal auf etwa 1000 Hektar erstreckt haben, sind heute nur noch etwa hundert Hektar weitgehend vom Menschen unbeeinflusst. Doch auch diese Restbestände, die sich auf wenige Flächen verteilen, sind gefährdet. Sie sind zum einen durch Luftverschmutzung bedroht, zum anderen entziehen ihnen alte Gräben im Umland ihr Lebenselixier: das Wasser. Seit 1994 gibt es erste Versuchsflächen zur Reaktivierung absterbender Hochmoorbereiche.
Im „Ancien Régime“ stießen mehrere Grenzen auf den Höhen des Venns aufeinander: Am Dreikantenstein von 1756 trafen sich die Herrschaftsbereiche der Herzogtümer Limburg und Luxemburg sowie der Fürstabtei Stavelot-Malmedy. Der Theresienstein an der Theresienallee bezeichnet die Grenze zwischen Luxemburg und Limburg und die preußisch-belgischen Grenzsteine entlang des Weges von Baraque Michel zur Hillquelle markieren die 1815 geschaffene und 1920 aufgelöste Staatsgrenze.
Die „Pavé Charlemagne“, lange Zeit als römische Route gedeutet, wurde in Wirklichkeit im frühen Mittelalter erbaut. Die angewandte Technik offenbart den Einfallsreichtum der Erbauer, das Sumpfgebiet zu bezwingen. Die Bezeichnung „Via Mansuerisca“ ist nur ein einziges Mal in einem Schriftstück erwähnt, welches die Gebietsgrenze des Klosters von Stavelot-Malmedy beschrieb. Im Rahmen der Ausgrabungen, die im Jahre 2004 am Südende der alten Trasse stattfand wurden neue Proben genommen, die nun die These nahe legen, dass das Alter der Konstruktion zwischen der römischen und der merowingischen Periode liegen könnte. Die Straße könnte zwischen 300 und 460 n.Chr. gebaut worden sein. Das älteste Datum entspricht den ersten Invasionen der Alemannen und Franken und der Krise des römischen Imperiums; das jüngere Datum entspricht der endgültigen Ergreifung der Macht durch die Merowinger unter Childerich und Chlodwig im Hochmittelalter.
Die Geschichte der Baraque Michel beginnt im Jahre 1798, als der 30jährige Michel Schmitz aus Sinzig sich in Herbiester-Jalhay niederließ. Nachdem er sich um 1808 im Venn verirrte, gelobte er nach seiner Rettung hier eine Hütte zu bauen. Aus der Hütte wurde mit den Jahren ein bescheidener Steinbau, in dem Michel als „Eremit vom Venn lebte und manchen Verirrten aus Lebensgefahr rettete. Im Winter 1826 verirrte sich
der Malmedyer Kaufmann de Rondchêne während einer Jagdpartie. Er wurde im letzten Augenblick durch Familie Schmitz von der Baraque Michel gerettet. Als Dank für diese Rettung ließ der Lederfabrikant Henri-Toussaint Fischbach aus Malmedy, der Schwiegersohn des Geretteten, zunächst eine Signalglocke am Haus anbringen und ein Buch anlegen („livre de fer“), in dem alle Geretteten eingetragen werden. Um 1830 ließ Fischbach die verfallenen Gebäude der Baraque Michel wieder herstellen und um Scheune und Stall erweitern. Auf Geheiß des Geretteten ließ Fischbach 1830-31 auch eine Kapelle zu Ehren „Unserer lieben Frau von der immerwährenden Hilfe“ errichten. Ursprünglich war im Turm eine Laterne angebracht, die Familie Schmitz jeden Abend entzündete, und dies bis zur Fertigstellung der Vennstraße i.J. 1856. Im Jahre 1885 wurde die Kapelle vergrößert und eine in Metz gegossene Glocke wurde ins Türmchen gehängt, die dann von Fam. Schmitz geläutet wurde. Bis 1842 wurden 126 Gerettete ins „Eiserne Buch“ eingetragen.
Das Poleûr Venn erstreckt sich über 54 Hektar auf einer durchschnittlichen Höhe von 660 m und ist seit 1984 Naturschutzgebiet. Der Poleûr-Bach, der anschließend in die Hoëgne fließt, entspringt dort. Diese Landschaft ist das Ergebnis mehrerer Jahrhunderte menschlicher Tätigkeit. Sie ist also nicht wirklich auf „natürliche“ Art entstanden. Das Poleûr Venn zeigt mehrere Beispiele von charakteristischen Landschaften des Ökosystems des Venns : die Trockenheide, das Hochmoor, das Flachmoor, der Venn-Bach. Auch finden sich hier auch typische Pflanzen: die Heidelbeere, die Preiselbeere, der Beinbrech, das Wollgras, das Torfmoos, …
(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)

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