Wanderung von Pont nach Ligneuville

Abgelegt in Allgemein

Geschrieben am 24.09.2011

Von einer denkmalgeschützten Kapelle, einem Mann, der eine Frau war und einem alten Marktplatz

Die Ortschaft Pont erscheint urkundlich erstmals i.J. 1188 im Namen des Ebruinus de Ponte, eines Wohltäters der Malmedyer Leprosenkapelle. „Zu der Brucken“ heißt der Ort in einer Urkunde des Jahres 1461, laut der der Graf von Vianden von der Herrschaft St.Vith abhängige Lehnsgüter dem Johann von der Raven zu Lehen gibt. „Bruck“ wird i.J. 1501 mit 10 Feuerstellen aufgeführt. Der Name rührte von der Amelbrücke her, die den Bachlauf im Zuge der via de Sancto Vito überquerte. Damals lag das Dorf nur zur linken Seite der Amel; dieser Teil gehörte zur Meierei Recht und juristisch zur Herrschaft Bütgenbach, während der Teil am anderen Amelufer zum Staveloter Abteigebiet gehörte. Den Namen „Brücken“ trug der Ort zuletzt von 1940 bis 1945, als unser Gebiet dem III. Reich einverleibt worden war.

In der denkmalgeschützten Kapelle werden die hl. Hubertus, Donatus und Gilles (Ägidius) verehrt. Das Gotteshaus wurde 1752 errichtet, die erste Messe fand am 1. Oktober 1753 statt. Zu der Zeit gehörte Pont noch zur Pfarrei Bellevaux. Nach dem napoleonischen Konkordat mit dem Hl. Stuhl (1801) wurden im Zuge der pfarrlichen Neustrukturierung (1803) in unserem Gebiet insgesamt 12 neue Pfarren geschaffen, darunter auch Ligneuville. Pont gehört seit der Zeit zur Pfarre Ligneuville. Die Kapelle ist ein unverputzter Bruchsteinbau mit Eckquaderung, dreiseitigem Altarraum und westlichem Firsttürmchen. Der rundbogige Eingang der Westseite trägt die Jahreszahl 1752 und in einer Muschelnische die Figur des hl. Ägidius.

Die Schule gegenüber der Kirche wurde 1890 errichtet. Seit 1825 bestand in Preußen zwar die Schulpflicht, doch sollte es in vielen Eifeldörfern noch einige Jahrzehnte dauern, bis dies auch praktisch umgesetzt war. Durch finanzielle Anreize der Regierung schaffte man den Gemeinden Erleichterungen zum Bau von Schul- und Lehrerwohnungen. Hier in Pont steuerte die Regierung 8.000 Mark zum Bau bei, der insgesamt 13.481 Mark kostete. Ab 1891 wurde hier Unterricht erteilt.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wohnten mehrerer Fremde im Dorf. Unter ihnen befand sich ein gewisser Arthur Hawarden. Über sein Leben wurden mehrere Romane geschrieben und sogar einige Filme gedreht (u.a. durch Pierre Faffin und durch Filip de Pillegren). Der aus Pont stammende Joseph Dechamps arbeitete nach seiner Soldatenzeit als Haushofmeister beim Herzog von Erbon in Aachen. Mit diesem ging er auf Reisen und machte die Bekanntschaft eines Herrn Hawarden. Bald begann eine Freundschaft zwischen Dechamp und Hawarden. Bis zur Revolution von 1848 haben beide viele Reisen unternommen. Als Hawarden eines Tages inhaftiert wurde, kam seine wahre Identität ans Tageslicht: In Wirklichkeit war er eine Frau namens Meriora Gillibrand. Mit Dechamps beschloss Hawarden nach Pont zu fliehen, um eine Geschichte zu vergessen und mit dem Versteckspiel weiterzumachen. Die Geschichte hatte mit einer tragischen Liebesgeschichte begonnen: Hawarden soll zwei Liebhaber gehabt haben. Der eine brachte den anderen aus Eifersucht um. Wütend vor Schmerz gab sie dem Übriggebliebenen ein Rendezvous und tötete ihn aus Rache, wobei sie sich selbst an der Brust verletzte. Am 1. März 1863 starb sie/er im Alter von 58 Jahren und fand auf dem Friedhof von Ligneuville ihre letzte Ruhe.

Unterhalb der Rechter Straße lag früher das Haus Dechamps; 1898 ließ Baronin de Pret dort eine Villa bauen. Sie war eine fromme, gütige Dame. 1908 stiftete sie 1000 Frs, einen Silberkelch sowie 2 Fenster für den Neubau der Kirche von Ligneuville. Sie ließ auch einen Park und eine Grotte anlegen und gab 250 Mark an die Kapelle von Pont für eine Messe für ihre Familie Raoul de Pret Roose de Carlberg. Nach ihrem Tod wurde die Villa von Henri Herberger erworben. Später wurde sie von der Gemeinde gekauft. Im 2. Weltkrieg wurde sie teilweise zerstört und schließlich abgerissen.

Von der Grotte der Amel entlang gelangen wir zum Geburtshaus von Jules Bastin. Der 1933 in Pont geborene Bastin war ein berühmter Opernsänger und unterrichtete am Kgl. Konservatorium in Brüssel. Am linken Amelufer befindet sich die 220 Jahre alte Renier-Mühle, die noch bis 1940 in Betrieb war. Im Krieg war das Haus von deutschen Zöllnern bewohnt. Etwas weiter erinnert ein Steinkreuz an den Tod des Michel Thomas aus Ligneuville, der am 8. März 1911 in der Amel ertrank.

Auch Ligneuville wird 1188 erstmals im Verzeichnis des Malmedyer Leprosenhauses erwähnt. Der Ort gehörte ebenso wie Pont zur Meierei Recht. Der Graf von Vianden hatte hier Lehnsbesitz, der zum Burglehen in Bütgenbach gehörte. Von dem Burghaus des i.J. 1238 mit Einhard von Ligneuville genannten Geschlechtes sind keine Reste mehr vorhanden. Eine erste Kapelle wurde 1666 geweiht und 1784 erweitert. Die heutige Kirche stammt aus dem Jahre 1909. Unweit der Kirche erinnert ein Denkmal an 8 amerikanische Soldaten, die am 17. Dezember 1944 hier erschossen wurden. Etwa 400 m weiter befindet sich das ehemalige Wohnhaus von Silvio Gesell.

Nach dem Besuch des Grabes von „Monsieur Hawarden“ auf dem Friedhof gehts zum „Warhay“-Viehmarkt. Seitwärts sehen wir das alte Gemeindehaus (bis 1977). Im Warhay befinden sich quarzhithaltige Steine, die Millionen Jahre alt sind. Am Hang stehen noch zwei Kreuze. Eins davon ließ J.-P. Livet 1875 aus Dank errichten, da er ein Unwetter überlebte, bei dem das Dach seines Hauses abgedeckt wurde.

(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)

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