Von hohen Bäumen, dem Niemandsland und einem Dragoner
Hinderhausen (mundartl. „Honnesche“), das Dorf an der Sprachengrenze, umfasst, neben dem eigentlichen Dorfkern, noch zwei weitere Teile: das südwestlich vom Ortskern gelegene Kapellen („Ahn’t Kapell“) und das ziemlich weit in nördliche Richtung auseinandergezogene Oberst-Crombach („Äwwescht-Krommesch“). Mit Steffeshausen, Galhausen und dem benachbarten Gommels(hausen) gehört Hinderhausen zu den wenigen Orte des St.Vither Landes, die die -hausen-Endung ausweist. Die Gründung dieser Dörfer wird allgemein um die Jahrtausendwende angesetzt. Die Ersterwähnung Hinderhausens fällt in das Jahr 1495. Dort ist in einer Urkunde von „Hudershusen“ die Rede. Im Feuerstättenverzeichnis von 1552 wird „Hinderhuysen“ mit 11 steuerpflichtigen Haushalten erwähnt und in einer französischen Landkarte von 1744 ist der Ort als „Anderhausen“ angegeben. Im Volksmund wird der Ortsname damit erklärt, dass der Ort sich früher an anderer Stelle (Kapelle) befunden habe und nachdem er durch die Pest ausgestorben war, an dieser Stelle – „hinter den Häusern“ – wieder aufgebaut worden sei. Eine andere Überlieferung besagt, dass der Ort früher hundert Häuser gezählt habe.
Im Jahre 1697 wird erstmals eine Kapelle in Hinderhausen erwähnt, die von einem Geistlichen bereut wurde. Im Jahre 1721 förderte der aus dem Ort stammende Vikar Justen den Bau einer dem hl. Albinus geweihten Kirche. Bis 1803 gehörte der Ort zur Pfarre Thommen; ein „Leichenweg“ führte zum dortigen Friedhof, da Friedhöfe nur in der Nähe der Pfarrkirchen angelegt wurden. Seit 1924 bildet Hinderhausen mit Rodt einen Pfarrverband und 1928 wurde ein eigener Friedhof angelegt.
Die Ortschaft Hinderhausen gehörte im Ancien Regime teilweise zum Hof Neundorf und teilweise zum Hof Thommen. Der Dorfbach (auch „Harnebach“ oder „Crombach“ genannt) bildete die Grenze. Dieser Bach teilte auch die Ortschaft Crombach in einen Neundorfer und einen Thommener Teil. Die Siedlung Oberst-Crombach ist die Siedlung am obersten Lauf des „Crombach“ und gehörte zum Hof Thommen, wie noch ein heutiger Flurname bekundet. Mit der Franzosenherrschaft (1794) wurden die alten Hofsgrenzen aufgelöst und Hinderhausen kam zu der neugeschaffenen Gemeinde Crombach (Kanton St.Vith, Arrondissement Malmedy, Departement der Ourthe). Die Gemeinde Crombach als unterste Verwaltunsgeinheit wurde von den nachfolgenden Machthabern (Preußen, Belgier) beibehalten und wurde erst 1977 im Zuge der belgischen Gemeindereform mit St.Vith verschmolzen.
Der älteste Teil der Ortschaft ist zweifellos im Ortsteil Kapellen zu suchen. Im 17 Morgen großen Kapellenbusch hat der Altertumsforscher Quirin Esser um 1880 Gebäudereste und ein Straßenstück freigelegt. Die Stelle im Busch, an der man die Funde machte, heißt heute noch „Kirchplatz“ und bildet ein Rechteck von 28 x 26 m. Entlang der östlichen Seite verlief von Süden nach Norden ein mit Bruchsteinen bestückter Straßenrest. Eine Nachgrabung durch Lehrer H. Benzerath ergab laut B. Willems, dass diese Mauerreste römischen Ursprungs seien und vermutlich von einer Pferdewechsel station stammten, die sich in der Nähe eines Ablegers der großen Römerstraße befand. Die heutige Kapelle geht auf ein Gelübde der Einwohnerin Frau Blaise zurück und wurde 1965 errichtet.
Die ehem. belgisch-preußische Grenze zwischen Beho und Poteau (heute Provinzgrenze Lüttich-Luxemburg), die nach dem Wiener Kongress (1815) entstand, verläuft fast geradlinig im Westen Hinderhausens und folgt nicht immer dem ehemaligen großen Verkehrsweg („Grand Chemin du Luxembourg“) und bildet daher das sogenannte „Niemandsland“, ein etwa 1,7 km langes und bis zu 10 m breites Terrain. Der Waldbestand auf diesem Geländestreifen gehört heute der Gemeinde Thommen (Burg Reuland). Die Grenze bildete auch zuweilen kleine Halbenklaven, die auch ein wenig auf preußisches Gebiet vordrangen, wie z.B. das Haus „Helt“ (zwischen Stein 89 und 90) oder der Hof „Kretels“ (zwischen Grenzstein 93 und 94). Der erste Besitzer des Hofes, ein gewisser Krettels, ein österreichischer Dragoner aus Espeler stammend, hat als Anführer der Klöppelkrieger gegen die Franzosen gekämpft und sich nach der Gefangenschaft hier niedergelassen. Ein Schieferkreuz erinnert an die Eheleute Friederich Scheuren und M.Eva Kretels, einer Nachfahrin des ursprünglichen Besitzers. Heute ist das Gebäude im Besitz der „Chasse à Court“ aus Vielsalm.
Das sogenannte Weister Venn ist ein Feuchtgebiet, das südlich an das Brauvenn, westlich an die Ortschaft Commanster (alte Grenze zwischen Preussen und Belgien), nördlich an Kapellen und östlich an den Fakenweg und an das Dorf Weisten grenzt. Es besteht aus Staats- und Gemeindewäldern sowie einigen Privatparzellen. In der Nähe des Quellgebiets des Weister Bachs befinden sich die „höchsten und dicksten Bäume Belgiens“, Douglasien mit einer Höhe von bis zu 50 Metern und einem Inhalt von 18,5 m³/Stück. Sie stehen hier seit etwa 115 Jahren.
(K.D. KLAUSER, nach Beiträgen der ZVS-Monatshefte und anderer Quellen)